Haushaltsrede Ulrich Schönweiß DIE LINKE 01.12.2009


Die ganzen letzten Jahre hat die deutsche Wirtschaft viel zu stark auf Export gesetzt und den Binnenmarkt vernachlässigt. Jetzt, wo die Menschen z.B. in den USA kein Geld mehr haben, wirkt sich das auf die hiesige Wirtschaft massiv aus. Eben wegen der vielen Arbeitsplätze in der Exportwirtschaft.

Es war und wäre ein verheerender Fehler die Binnennachfrage immer noch derart zu vernachlässigen.

Ein weiterer negativer Aspekt dabei ist der, daß zumindest die Versuchung der Wirtschaft groß ist, auf die Angelegenheiten anderer Länder Einfluß nehmen zu wollen, um Produkte zu verkaufen oder auch billig produzieren zu lassen oder billig Rohstoffe zu erhalten.

Wir, hier vor Ort, in den Kommunen, müssen die soziale Schieflage ausbaden.

Die zentrale Aufgabe der Kommunen ist die Daseinsvorsorge. Jede und jeder soll ein Dach über dem Kopf haben, genug zu Essen haben, Strom für Licht und Kühlschrank, Gas zum heizen, und auch kulturell eingebunden sein usw. Dies ist eine elementare Aufgabe, ohne deren Gewährleistung das Staatsgefüge in Frage gestellt wäre, und auch die Sicherheit gefährdet wäre.

Warum wehren sich die Kommunen nicht gegen die gravierenden Versäumnisse von Bund und Land?

Im Gegenteil, die Landesbanken verspekulieren leichtfertig Millionen und Milliarden von Euros, was die Kommunen auch noch zur Hälfte tragen sollen. Im Landtag wird das Thema dann in nichtöffentlicher Sitzung behandelt. Das halte ich schon fast für einen Skandal. Massive Folgen für die Menschen und die Kommunen, aber die Öffentlichkeit auszuschließen.

Für die Pleite-Bankiers sind Milliarden von Bürgschaften innerhalb von Rekordzeit da, aber wir sollen einen Sparhaushalt verabschieden.

Wie soll das der Bevölkerung vermittelt werden?

Bei jedem Hartz IV-ler wird ohne Datenschutz nach der nur allerkleinsten Unregelmäßigkeit gesucht und manchmal hat es den Anschein als ob konstruiert; aber Millionen und Milliarden gehen in Rekordzeit für Private über den Tisch.

Bei der Armut geht es nicht nur um das materielle, sondern auch um die Achtung des Menschen und ganz einfach um Menschlichkeit. Es darf nicht sein, daß arme Menschen und Bedürftige derart in die Ecke gedrängt werden, ihnen kaum Luft gelassen wird.

Ebenso wie die übertriebene Regelungswut und viel zu schnelle Ahndung als Ordnungswidrigkeit in anderen Bereichen, anstelle zunächst mit den Bürgerinnen und Bürgern zu reden.

In dem Sparhaushalt sollen für die Bürger städtische Gebühren erhöht werden, es soll gespart werden, daß es schon fast an Bulimie grenzt. Das tragen wir nicht mit.

Alles, was die Kaufkraft schwächt, ist falsch und dreht das Rad immer schneller. Wenn nicht gekauft wird, gehen noch mehr Läden und Produktionsstätten pleite.

Ich stelle aber auch fest, daß Geld da ist. Jedenfalls für Private.

Im Bund werden z.B. die Commerzbank und auch andere Banken mit irrsinnigen Summen unterstützt, also Private. Genauso will der Freistaat Bayern Private unterstützen.

Im Zuge der Quelle-Schließung standen in der Zeitung am 24.10.09 mehrere Vorschläge, wie das Land Bayern der Stadt Fürth helfen kann. Z.B. stand darin, daß die Gummibärchenfabrik ihre Kapazität verdoppeln will, und man hoffe, daß von der Landesbank oder LfA-Förderbank mit guten Konditionen das 60 Millionen Euro - Projekt unterstützt werden soll.

Ein bißchen veralbert fühlen wir uns, wenn dann Wochen später in der Zeitung zu lesen ist, daß die Gummibärchenfabrik aber das Geld hat sich die Namensrechte am Fürther Fußballstadion zu kaufen.

Für die NORMA auf der Hardhöhe oder das Existenzgründer-Zentrum ist wohl auch Unterstützung vom Freistaat, in welcher Form auch immer, da.

Warum frage ich, warum werden dauernd private Unternehmen mit öffentlichen Geldern unterstützt, aber wir sollen einen Sparhaushalt verabschieden ?

Hinsichtlich des 115-Millionen-Sonderprogrammes für die Region teile ich die Meinung des hiesigen DGB-Chefs Stephan Doll, der sagt, daß wir angesichts der dramatischen Lage in der Region nicht zu wenig Lehrstühle haben, sondern zu wenig Stellen, Arbeitsplätze. Die in dem Sofortprogramm aufgelisteten Projekte vernachlässigten völlig die Maßnahmen zur präventiven Jugendhilfe und zur Verbesserung der Lage auf dem Arbeitsmarkt.

Zum Beispiel soll die Pfisterschule dichtgemacht werden. Eine Schule mit 111-jähriger Tradition, mit vielen berühmten Schülern, die sie hervorgebracht hat und hervorragende integrative Arbeit geleistet hat und leistet.

Für die Pfisterschule liegt ein hervorragendes Zukunfts-Konzept vor. Die ganzen letzten Jahre der guten Arbeit der Schule und des Kollegiums sollen über Bord geworfen werden. Investition in die Menschen und in die Pfisterschule ist eine Investition in die Zukunft, um in der Politikersprache zu reden.

Im Landtag stellt die SPD einen Antrag für den Erhalt wohnortnaher Schulstandorte (Antrag vom 30.06.2009). Und hier in Fürth, wo die SPD in der Verantwortung ist, wird das Gegenteil praktiziert. Das paßt nicht zusammen.

Wir sind für den Erhalt der Pfisterschule.


Was ich in diesem Zusammenhang auch ansprechen muß, ist, daß es nicht angeht, daß die Kommunen permanent vom Land so gegängelt werden. Da gibt es einen Bildungsgipfel, und die Kommunen sollen einen Großteil der Kosten tragen. Ich frage mich aber schon, wer da die Interessen der Kommunen vertritt. In der Zeitung vom 26. Mai 09 ist dann nachzulesen, „man hat uns (also die Kommunen) über den Tisch gezogen“.

Außerdem werden die Kommunen nicht ausreichend vom Land vertreten. In der Theorie heißt es ja, daß die Interessen der Kommunen beim Bund angeblich vom Land vertreten werden. Hier sind wir mit Christian Ude, OB aus München, einig, der ein Vetorecht der Gemeinden im Bund fordert bei Angelegenheiten, die die Kommunen betreffen.


Auch soll kein Geld für ein Sozialticket da sein. Dies mit der uns nicht nachvollziehbaren Begründung der Infra, daß neue Kunden ein Defizit darstellen würden. Neue Kunden sind zunächst einmal Mehreinnahmen. Das ist doch eine ganz einfache wirtschaftliche Feststellung.

Ein Grund mehr für mich, weshalb das Gebot der Stunde Rekommunalisierung ist. Unabhängig vom Leiter oder Direktor eines solchen Eigenbetriebes, oder wie auch immer die Rechtsform sein mag.

Der Erfolg des Wasserbündnisses unterstreicht auch dies. Dadurch, daß die Stadt Fürth 100 % - ig Eigentümer geblieben ist, bleiben auch die Gewinne bei der Stadt. Genauso, wie die demokratische Kontrolle erhalten bleibt.

Wiederholt will ich hier ein dickes Lob an das Wasserbündnis aussprechen.

Auch bei der Jahrestagung des Verbandes kommunaler Unternehmen wurde als Ergebnis vermerkt: Die Wirtschafts- und Finanzkrise hat es ans Licht gebracht: Die kommunale Daseinsvorsorge durch Stadtwerke hat Zukunft. Das Dogma „Privat vor Staat“ ist widerlegt.

Genau das gleiche sagt der Vorsitzende des Bayerischen Städtetages Schaidinger: Nach Privatisierung ruft heute kaum jemand mehr; genau das Gegenteil steht jetzt auf der Tagesordnung, die kommunale Daseinsvorsorge steht vor einer Renaissance. Die ideologische These „Privat vor Staat“ hat sich als Trugschluß erwiesen. So Herr Schaidinger.


Wir gratulieren der Bürgerinitiative „bessere Mitte“ zu ihrem erfolgreichen Engagement gegen ein vollkommen überdimensioniertes Groß- und Privatisierungsprojekt, was zudem vielen Menschen, nämlich denen, die sich einen Einkauf nicht hätten leisten können, verschlossen geblieben wäre.


Warum, frage ich, kommt die Wirtschaft ihren gesamtgesellschaftlichen Verpflichtungen nicht nach ? Warum erhalten wir nicht einmal eine Antwort auf unser Schreiben an die IHK – Fürth mit der Bitte zu Überprüfen, ob Gelder da sind Hartz IV-Kindern ein Weihnachtsgeld auszahlen zu können. Ist das so unverschämt einmal bei den Vermögenden freundlich nachzufragen ? Irgendjemand wird doch an der Krise auch verdient haben.

Zum Beispiel in Burghausen ist auch heuer wieder eine Weihnachtsbeihilfe möglich.


Wenn die Theorie ist, daß zum Beispiel die Krankenschwester den Bauarbeiter, der seinerzeit ihr Haus gebaut hat, versorgt, wenn er mal im Krankenhaus sein sollte. Aber sowohl beim Bauarbeiter, als auch bei der Krankenschwester selbst nur ein viel zu kleiner Bruchteil dessen ankommt, was sie geleistet haben, dann verliert dieses System langsam seine Legitimation, weil es nicht mehr in der Lage ist, allen Menschen ein menschenwürdiges Überleben zu garantieren.


Wir unterstützen die Gewerkschaft verdi, die ein Strukturprogramm für die Städte Fürth und Nürnberg fordert.

Auch wir haben bereits im März 2009 unsere konkreten Vorschläge für ein soziales Konjunkturprogramm gemacht.

Unsere Anträge vom März 2009 sind aktueller denn je: zum Beispiel Schaffung von Arbeitsplätzen im Pflegebereich, im städtischen Klinikum, für Streetworker, zur Wohnungsrenovierung bei armen Menschen, vor allem mit geringer Rente, für barrierefreies Umbauen öffentlicher Gebäude für Menschen mit Handicap, Verschönerung der Stadtgrenze Fürth-Ost und Errichtung eines eigenen Fürther Eisenbahnmuseums.

Diese Vorschläge natürlich ohne Anspruch auf Vollständigkeit.



Und zum Schluß:

Ich glaube auch, daß eine längerfristige Diskussion notwendig ist, wo und für wen investieren.

Als letztes will ich sagen, was wohl auch eher Konsens im Stadtrat ist: Hier vor Ort sind wir für die Daseinsvorsorge zuständig, erleben hautnah vor allem eine soziale Schieflage. Regelmäßig wälzen Bund und Land Kosten auf die Kommunen ab.

Hier müssen wir als Kommunalpolitiker über die Parteigrenzen hinweg zusammenhalten.

Das Fürther Sozialforum schreibt, daß sie uns dabei unterstützen würden und wir auch auf einen Großteil der Bevölkerung zählen könnten.

Machen wir gemeinsame Sache mit dem Volk ! Bevölkerung und Kommunen gemeinsam !



Für DIE LINKE im Fürther Stadtrat,

Ulrich Schönweiß